
Photo: RyanMcGuire
Jeder kennt es: Es kommt eine Frage dessen Antwort man nicht kennt und man befürchtet dumm dazustehen nur weil man keine korrekte Antwort auf den Lippen hat.
Das mit unter peinlichste was einem Menschen heutzutage passieren kann, ist es “dumm dazustehen” und sich vor anderen Leuten zu blamieren. Es ist einem peinlich, weil niemand als sogenannter “Dummkopf” abgestempelt werden möchte. Die meisten versuchen ihr Nicht-Wissen dann mit falschen Antworten zu vertuschen. Mir persönlich fällt immer öfter auf, dass die Leute bereit sind Fehlinformationen zu liefern, in der Hoffnung, dass ihnen niemand auf die Schliche kommt als zuzugeben, dass sie einfach keine konkrete Antwort auf diese Frage oder Situation haben.
Zumindest ist dies die Denkweise vieler Menschen heutzutage.
Ich persönliche finde es eine Stärke selbstbewusst zuzugeben, dass man auf etwas aktuell keine Antwort hat. Wenn dem Anderen aber deine Meinung wichtig ist, kann man sich ja noch immer Gedanken oder schlau darüber machen.
Es ist keine Schande zuzugeben, dass man sich noch weiterbilden muss. So wie es keine Schande ist, nicht ständig alle Informationen “griffbereit” zu haben. Viel mehr finde ich es eine Schande, dass wir Menschen uns gegenseitig so erzogen haben dies als Schande zu empfinden und lieber Fehlinformationen streuen.
Dies kann man in den letzten Jahren häufiger in den Nachrichten erkennen.
Da werden Berichterstattungen über empfindliche Themen geliefert die kurz vor Knapp recherchiert und abgegeben werden mussten. Natürlich war da keine Zeit mehr für eine Kontrolle der Korrektheit aller Fakten. Später wird sich dann vom Nachrichtensender dafür entschuldigt Fehlinformationen gestreut zu haben.
Beobachten konnte ich dies aber auch schon in der Öffentlichkeit. 7 Jahre Busfahrt und Neuerdings Straßenbahnfahrten lehren vieles, nur selten das Richtige. Ich bin kein Mensch der andere Leute bespitzelt, aber bei gewissen Schlagwörtern wird mein Ohr aufmerksam und hört gerne mal den ein oder anderen Satz eines Gesprächs mit. Dabei ist mir schon oft aufgefallen das jemand eine Antwort nicht kannte, aber trotzdem irgendetwas raus posaunte, was weder richtig war, oder teilweise gar nichts mehr mit dem Thema zu tun hatte. Das schlimmste aber war die zu beobachtende Reaktion seiner Zuhörer. Denn diese haben es entweder geglaubt, oder mit einer anderen Fehlinformation revidiert.
Als ich damals noch in einer WG wohnte, habe ich mich manchmal zum gemeinschaftlichen Wohl dazu bereit erklärt, auch mal das ein oder andere TV Programm zu schauen. Du musst wissen, ich schaue kein TV und höre kein Radio. Wie dem auch sei lief dann irgendwann mal TV Total und so wie es scheint gibt es dort eine Sektion wo Leute dazu aufgefordert werden Fragen zu beantworten (außerhalb des Studios und einfach nur zur Belustigung des Publikums). Dort werden die Leute dann so stark unter Druck gesetzt, dass sie irgendeine völlig banale und sinnfreie Antwort geben (natürlich nur damit sich andere darüber kaputt lachen). Aber vielleicht ist es einfach nicht deren Thema. Etwas was sie nicht interessiert.
Es kann nicht jeder alles wissen, aber jeder kann eine Sache sehr gut wissen, hat dafür woanders Defizite, wo sich wiederum andere an die Stirn fassen und sagen “Das muss man doch wissen”. Dabei müssen wir gar nichts.
Nach all diesen Ereignissen habe ich mal ein kleines Selbstexperiment mit meiner persönlichen Umgebung gestartet. Dies geschah zwar ohne deren Einwilligung, aber da ich keine Namen und keine Details nenne, wird sich hier auch niemand wiedererkennen. Eher wirst Du erkennen, dass es Dir mit Sicherheit auch schon so vor kam:
Jedes mal wenn mir eine Sache im Kopf herum geistert, höre ich mich nach verschiedenen Meinungen und Antworten um. Aber manchmal teste ich meine Umgebung auch ganz gerne um zu sehen welche Antworten ich bekomme. Meistens ist es dann der Fall, wenn ich mir ziemlich sicher bin die Antwort schon zu kennen. Nach dem ich dann die Frage stelle gibt es 3 Ausgangsposition für den Befragten:
1. Er kennt die Antwort und kann mir damit helfen.
2. Er kennt die Antwort nicht und gibt es einfach zu.
3. Er kennt die Antwort nicht und sagt trotzdem etwas dazu, weil er das Gefühl hat sonst dumm dazustehen. In diesem Fall kann man im Gesicht abgelesen, dass die Antwort eine gerade so eben erfundene Information ist und diejenige Person alles versucht mir eine (aus seiner Sicht) plausible Antwort zu liefern.
Schade.
Denn eigentlich finde ich es sehr spannend gemeinsam nach einer korrekten Antwort zu suchen. Gemeinsam findet man mehr Informationen als alleine.
Auch sehe ich ein großes Problem in den beschriebenen Beispielen:
Jeder der diese Informationen aufschnappt, wird sie vorerst glauben und mit seiner dazu addierten Faulheit (wir sind alle faul, keine Sorge) auch so belassen, statt sie selbst zu korrigieren, was wiederum andere glauben und genau so handeln.
Es ist keine Schande eine Antwort nicht zu kennen. Stehe zu Dir und Deinem Wissensstand und wenn dich beides nicht befriedigt, arbeite an Dir und Deinem Wissensstand. Lerne dazu. Je mehr Du weißt, desto selbstbewusster kannst Du anderen begegnen. Nicht um jeden die Richtigkeit entgegen zu schleudern, viel mehr um “gewappnet” zu sein für jedes Gespräch. Es geht nicht darum mit dem Wissen anzugeben, sondern Denkimpulse zu verteilen.
Denn es bringt nichts, ständig selbst zu reden und den anderen nur zu hören zu lassen. Du kannst nur lernen wenn Du zuhörst und Du kannst noch viel mehr lernen wenn Du das Gespräch mit Gewissen Informationen lenkst. So regst Du den anderen zeitgleich an über etwas nachzudenken und das Gespräch sprudelt irgendwann nur noch vor interessanten Informationen.
Werde Dir Deiner Unwissenheit bewusst, denn sie verrät Dir, dass das Thema, dessen Antwort, welche Dich störte nicht zu kennen, Dich wohl möglich sehr interessiert.
L(i)ebe